20. Sitzung des Internationalen Ausschusses

Ja zur Städtepartnerschaft mit Israel

Die Landeshauptstadt Hannover soll die Möglichkeiten einer Partnerschaft mit einer Stadt in Israel überprüfen.

Nach dem Bericht über die Arbeit der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Niedersachsen und in Anbetracht der aktuellen Ereignisse halten die Mitglieder des Internationalen Ausschusses eine Städtepartnerschaft mit einer israelischen Kommune für ein sinnvolles und klares Zeichen gegen Antisemitismus. Der fraktionsübergreifende Antrag, die Möglichkeiten einer solchen Kooperation zu überprüfen, wurde im Ausschuss einstimmig verabschiedet.

RIAS-Projektleiterin Katarzyna Miszkiel-Deppe

Zuvor hatte RIAS-Projektleiterin Katarzyna Miszkiel-Deppe berichtet, das Ziel von RIAS Niedersachsen sei, den Antisemitismus sichtbar zu machen. Zur Arbeit der Recherche- und Informationsstelle gehöre das Erfassen, Dokumentieren und die Einordnung von antisemitischen Vorfällen. Die Trägerschaft der RIAS Niedersachsen liegt bei der Amadeu Antonio Stiftung. Sowohl Betroffene als auch Zeug*innen von antisemitischen Vorfällen könnten sich online oder telefonisch an die Anlaufstelle wenden, erklärte die Projektleiterin. Um eine bundesweit einheitliche zivilgesellschaftliche Erfassung und Dokumentation antisemitischer Vorfälle zu gewährleisten, orientiere sich RIAS Niedersachsen als ein Teil des Bundesverbandes RIAS e.V. an vorgegebenen Kategorien. Beispielsweise werde bei der Erfassung zwischen fünf Erscheinungsformen des Antisemitismus unterschieden: antisemitisches Othering, antijudaistischer Antisemitismus, Post-Shoah-Antisemitismus, moderner Antisemitismus und Israelbezogener Antisemitismus.** Dabei gebe es häufig Überschneidungen und einzelne Vorfälle ließen sich mehreren Erscheinungsformen zuordnen, so Katarzyna Miszkiel-Deppe weiter.

Im Jahr 2023 habe es 74 gemeldete Vorfälle von Antisemitismus gegeben. 45 davon seien seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 gemeldet worden. Es handele sich dabei allerdings um vorläufige Zahlen, da bislang nicht alle Meldungen bearbeitet worden seien. „Antisemitismus kann Juden und Jüdinnen überall treffen“, so Katarzyna Miszkiel-Deppe zusammenfassend. Die Recherche- und Informationsstelle berichte auch über Facebook und Instagram über antisemitische Vorfälle.

Ratsfrau Hülya Iri äußerte den Wunsch nach einer verstärkten Zusammenarbeit der RIAS mit der Antidiskriminierungsstelle (ADS) der Landeshauptstadt Hannover (LHH).

Der Internationale Ausschuss der Landeshauptstadt Hannover

Im weiteren Verlauf der Sitzung stimmte der Internationale Ausschuss gegen den Antrag der CDU-Fraktion zu Sach-, statt Geldleistungen für Asylbewerber*innen. „Wir glauben nicht, dass es Maßnahmen braucht, um die Anreize einer Zuwanderung zu verringern. Wir sprechen uns für die Beibehaltung der derzeitigen Reglung aus“ erklärte Michael Rinker (Bündnis 90/Die Grünen) und verwies auf vergangene Jahre, in denen die LHH ein Verteilsystem für Sachleistungen für Asylbewerber*innen hatte. Dieses wurde 2013 abgeschafft, da es sich besonders für die Verwaltung als sehr aufwendig dargestellt hatte, ergänzte Rinker. Ratsherr Robert Nicholls (SPD) fügte hinzu, das neue System in Form einer Debitkarte für Asylbewerber*innen weise keinen diskriminierenden Charakter auf.

Auch ein Antrag von Ratsherrn Böning (Die Hannoveraner) wurde vom Internationalen Ausschuss abgelehnt. Inhaltlich ging es dabei um einen Stopp sämtlicher Fördergelder für Migrant*innenorganisationen, welche sich nicht unmissverständlich vom Hamas-Terror und vom Antisemitismus distanzierten. „Antisemitismus bekämpft man nicht, indem man Rassismen reproduziert“, erklärte Ratsherr Liam Harold seine Ablehnung des Antrags. Er kritisierte damit den Beitrag Bönings, in dem Migrant*innen und insbesondere muslimische Personen pauschal als besonders antisemitisch dargestellt würden.

Im letzten Beschluss der Sitzung stimmte der Ausschuss der Freigabe von rund 7,9 Millionen Euro für eine neue Notunterkunft für Geflüchtete sowie dem sofortigen Baubeginn zu. Entstehen sollen die Leichtbauhallen in der Kirchhorster Straße.

Ausschnitt aus dem WIR2.0-Leitfaden zur interkulturellen Öffnung

Im Bericht über den Sachstand der Umsetzung des WIR2.0-Prozesses gab Dr. Günter Max Behrendt (Sachgebietsleiter „Grundsatzangelegenheiten der Einwanderung) einen tieferen Einblick in eine Maßnahme aus dem Handlungsfeld „Stadtverwaltung und Interkulturelle Öffnung“: Die „Einführung eines Leitfadens „Interkulturelle Öffnung“ als Handreichung für alle städtischen Fachbereiche inklusive Selbstcheck“ biete den Führungsebenen der einzelnen Fachbereiche ein Tool zur Selbstüberprüfung der eigenen Haltung und  Strategien, mit dem Ziel einer vielfaltssensiblen Führung. Der Selbstcheck thematisiere darüber hinaus auch die Kommunikation in verständlicher Sprache sowie die Notwendigkeit der Mehrsprachigkeit in Veröffentlichungen der Fachbereiche. Auch die Einbeziehung der Kategorie „Einwanderungsgeschichte“ bei fachspezifischen Monitorings ist Thema der Maßnahme. Der Selbstcheck ist laut Dr. Behrendt noch in der Anfertigung und soll erstmals im Fachbereich Jugend und Familie getestet werden.

Im abschließenden Bericht der Sozialdezernentin berichtete Sylvia Bruns, dass die Inhalte der Integreat-App zum Jahresende auch auf Rumänisch und Bulgarisch verfügbar seien und wies auf die Anhörung zum Schutz vor antimuslimischem Rassismus am 10. Januar 2024 hin. Zum Schluss bedankten sich Sozialdezernentin Bruns und Bürgermeister Thomas Hermann für die gute Zusammenarbeit im Ausschuss und wünschten allen eine besinnliche Zeit und einen guten Rutsch in das Jahr 2024.

Die nächste Sitzung des Internationalen Ausschusses ist für den 18. Januar 2024 angesetzt. Alle Anträge, Tagesordnungen und Drucksachen sind online über das Sitzungsmanagement der LHH einsehbar.

 

 

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Das antisemitische Othering beschreibt die Markierung von Juden und Jüdinnen als fremd und nicht zugehörig zur jeweiligen Mehrheitsgesellschaft.

Der antijudaistische Antisemitismus verbreitet religiös begründete Stereotypen, wie z.B. den Vorwurf, dass Jüdinnen und Juden für den Tod Jesu verantwortlich seien.

Die Zuschreibung einer besonderen politischen oder ökonomischen Macht von Jüdinnen und Juden beispielsweise im Rahmen von Verschwörungstheorien beschreibt den modernen Antisemitismus.

Der Post-Shoah-Antisemitismus bezieht sich auf den Umgang mit dem Nationalsozialismus, etwa die Ablehnung der Erinnerung an NS-Verbrechen.

Der Israelbezogene Antisemitismus bezieht sich auf die Ablehnung des jüdischen Staates Israels, indem beispielsweise die Legitimität des Staates in Frage gestellt oder ihm das Existenzrecht abgesprochen wird.