Bildungsträger/innen informieren über Lohnungerechtigkeiten bei Dozent/innen für „Deutsch als Fremdsprache“.
Am 19. Januar 2017 führte der Internationale Ausschuss unter Vorsitz von Bürgermeister Thomas Hermann eine gemeinsame Anhörung mit dem Schul- und Bildungsausschuss durch, die sich um die Vergütung von Dozent/innen für „Deutsch als Fremdsprache“ drehte. Mit der Anhörung griff das Gremium einen Antrag (Drucks. 1021/2016 N1) der ehem. Ratsfrau Gunda Pollok-Jabbi (Die Linke) auf, den sie in der vorherigen Ratsperiode vorgelegt hatte.
Kathrin Meyn und Ulrike Neige vom „Aktionsbündnis Deutsch als Fremdsprache Hannover“ (DAF) stellten ihre Organisation vor und beschrieben ihr Engagement für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen.
90 Prozent der bundesweit tätigen Dozent/innen für „Deutsch als Fremdsprache“ arbeiteten auf Honorarbasis und hätten damit keine sozialen Absicherungen im Krankheitsfall – rechne man die anfallenden Sozialabgaben heraus, so blieben von knapp 23 Euro pro Stunde gerade mal 9,20 Euro übrig. Dozent/innen, die vom BAMF finanzierte Kurse durchführen, dürften zwar 35 Euro pro Stunde in Rechnung stellen, allerdings kämen auch hier nur 14 Euro bei den Lehrenden an. Dass die gleiche Arbeit unterschiedlich vergütet werde, habe unter den Dozent/innen zu Verstimmungen geführt. Deswegen fordere die DaF, als ersten Schritt den Stundensatz einheitlich auf 35 Euro festzulegen und ihn langfristig auf 60 Euro zu erhöhen. Außerdem müssten die Dozent/innen in feste Arbeitsverträge übernommen werden – gemessen an ihrem Arbeitspensum sei dies nur folgerichtig.
Dr. Udo Husmann (Bildungsverein Soziales Lernen und Kommunikation e.V.) sah dies ähnlich und beschrieb die Zwänge im Vergütungssystem. Sein Verein habe sämtliche Fördermöglichkeiten ausgeschöpft, um den ursprünglichen Stundensatz der Dozent/innen von 23 Euro um immerhin 3 Euro aufstocken zu können. Allerdings müssten sich auch die Bildungsträger/innen absichern. Man könne nicht einfach 50 Lehrende fest einstellen, ohne zu wissen, ob man sich diese langfristig leisten könne. Die Forderungen der Dozent/innen seien weder überzogen, noch unberechtigt. Zu ihrer Umsetzung seien nicht nur die Kommunen gefragt, sondern auch die Länder und das BAMF.
Anschließend berichtete Martin Kurth (VHS Hannover-Land) über die Entwicklung von Angebot und Nachfrage. Noch vor zweieinhalb Jahren boten die Kommunen im Schnitt 12-13 Kurse an – mittlerweile seien es 24. Da die Vergütung im Hinblick auf die geforderten Qualifikationen eher abschreckend sei, herrsche akuter Personalmangel.
Ähnlich deutliche Worte fand Rüdiger Heitefaut (GEW Niedersachsen). Aus seiner Sicht seien Honorar-Dozent/innen klar benachteiligt. Ihr Arbeitsaufwand entspreche dem der fest Eingestellten, doch müssten sie die Sozialabgaben selbst und in voller Höhe leisten. Er warnte davor, es so weit auszureizen, bis die Gerichte die Bildungsträger/innen zur Festeinstellung zwingen könnten. Im Namen des VHS-Dachverbandes empfahl er einen Stundensatz von 54 Euro.
Peter Schulz-Oberschelp (Ver.di – Netzwerk Weiterbildung) sah die aktuelle Politik als Hindernis für die Lohngerechtigkeit. Die ausgezahlten Löhne und Honorare seien keine Marktpreise, sondern durch die niedrigen Zuschüsse beschränkt. Die Tätigkeit der Dozent/innen müsse als Erfüllung einer Bildungsaufgabe anerkannt und dem Lehrerberuf gleichgestellt werden.
Für das BAMF sprach Gunter Knauer. Ab Ende 2015 wurden händeringend Lehrkräfte gebraucht und erst nach einer Erhöhung um 3 Euro pro Stunde konnte das BAMF einen Anstieg der Anträge auf Zulassungen feststellen. In diesem Zeitraum erfüllten nicht alle Antragssteller/innen die geforderten Qualifikationen, dennoch wurden ihnen unbefristete Zulassungen erteilt – mit der Folge, dass sie noch immer unterrichteten.
Die Ausschussmitglieder aller Fraktionen dankten den Eingeladenen für die ausführliche Darstellung der Lage. Freya Markowis (B90/Die Grünen) problematisierte das Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage in Hannover. Dies führe dazu, dass Einwanderer/innen sehr lange auf einen Platz im Sprachkurs warten müssten. Sie berichtete von Fällen, in denen Geflüchteten Ausbildungsplätze zugesagt worden waren, während sie noch auf der Warteliste für Deutschkurse standen. Es sei längst überfällig, dass der Zugang zu Integrationsangeboten verbessert werde. Daraufhin regte Ali Faridi (beratendes Mitglied) an, in den Deutschkursen auch auf die praktische Arbeitswelt vorzubereiten. Es sei sinnvoller, dass professionelle Deutschlehrer/innen die Teilnehmer/innen an die jeweiligen Berufsjargons heranführen, als dass den ausbildenden Betrieben diese Aufgabe zufällt.
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