Forschung
Moritz aus Buxtehude
Buxtehude 1612: Ein unbedeutender, hochverschuldeter Herzog mit lasterhaftem Lebenswandel stirbt und hinterlässt eine extravagante Garderobe. In einem interdisziplinären Projekt erforscht das Museum zusammen mit der Hochschule Hannover diesen Kleidernachlass. Über den aktuellen Forschungsprozess wird an dieser Stelle berichtet.
Herzog Moritz' aufwendiger Lebensstil
Dieses Kostüm aus der Zeit um 1600 stammt aus dem Nachlass des Herzogs Moritz von Sachsen-Lauenburg (1551-1612). Während sein Bruder Franz II. im Herzogtum regierte, lebte Moritz von 1585 bis zu seinem Tod in Buxtehude. Dort sorgte er aufgrund seines aufwendigen Lebensstils und politischer Verwicklungen für einiges Aufsehen.
Als er starb waren seine Schulden so gewaltig, dass sein Besitz vom Rat der Stadt einbehalten wurde, um Schuldforderungen nachzukommen. Ein Teil des Nachlasses verblieb daraufhin beim Buxtehuder Rat und überdauerte dort unangetastet die Jahrhunderte, bis er schließlich im 19. Jahrhundert in das im Aufbau befindliche Welfenmuseum in Hannover überführt wurde. Neben diesem Kostüm sind heute noch 22 weitere Kleidungsstücke aus dem Nachlass Herzog Moritz' erhalten, womit eine nahezu vollständige Garderobe eines adeligen Herren aus dieser Zeit vorliegt.
Interdisziplinäres Projekt erforscht Kleidernachlass des Moritz aus Buxtehude
In einem interdisziplinären Projekt erforscht das Musuem zusammen mit der Hochschule Hannover diesen Kleidernachlass. Ziel ist eine umfangreiche kostümhistorische und biografische Dokumentation von Kleidung und Person sowie eine Digitalisierung der Objekte mit Hilfe von 3-D-Scans, um sie für Forschung und Lehre zugänglich zu machen.
Das Projekt wird durch einen Forschungs-Blog und einen Forschungs-Podcast begleitet und lädt zur Beteiligung ein. Idee ist, dass nicht nach jahrelanger Forschung abgeschlossene Ergebnisse präsentiert werden, sondern der Forschungsprozess selbst vermittelt und transparent gemacht wird.
Forschungsblog:
Podcast zum Beispiel bei Spotify:
unter "Moritz aus Buxtehude"
Instagram:
moritz_aus_buxtehude
Forschung
Die Forschung für das Projekt zu Herzog Moritz von Sachsen-Lauenburg stützt sich auch auf klassische Archivarbeit. Besonders reichhaltige Bestände hat das Stadtarchiv Buxtehude zu bieten. Herzog Moritz wohnte von 1585 bis zu seinem Tod im Jahr 1612 in Buxtehude und hinterließ im städtischen Archiv viele Spuren.
Archivarbeit
Für die Fragestellung der beteiligten Institutionen sind besonders die Verhandlungen über seinen Nachlass sehr spannend, da wir mit Hilfe dieser Quellen die bis heute erhaltenen Objekte bis zum Jahr 1612 zurückverfolgen können.
Zudem bietet ein Nachlassinventar, das unmittelbar nach Moritz Tod erstellt wurde, Einblicke in Haushalt und Lebensführung des Herzogs, da im Inventar sein gesamter Besitzstand Raum für Raum verzeichnet wurde. Somit kann vollständig rekonstruieren werden, was genau der Herzog alles besessen hat und welche Gegenstände sich in welchen Räumen befunden haben.
Analyse der Kleidung
Ein wesentliches Ziel des Projektes ist es, die kostbaren Kleidungsstücke mit 3-D-Scans zu dokumentieren. Diese digitalen Abbilder der Objekte sollen in Forschung und Lehre sowie für die museale Vermittlung eingesetzt werden.
Eine Vorstufe der Digitalisierung ist eine konventionelle Bestandsaufnahme von Material, Schnitten und Verarbeitung durch eine Textilrestauratorin. Diese Analysen liefern wichtige Informationen zu weiteren Forschung an den Objekten.
Forschung vermitteln
Ein wesentliches Ziel des Projektes ist es, den Forschungsprozess transparent zu machen.
Daher berichten wir in dem Podcast „Moritz aus Buxtehude“ über Vorgehensweise und Ergebnisse der Forschung.
In der gerade erschienenen zweiten Folge geht es um die Lebensgeschichte von Moritz von Sachsen-Lauenburg, oder anders gesagt, es geht um: heimliche Ehen, Hexereiverdacht, eine Waffensammlung im Schlafzimmer, einen großen Schuldenberg, eine Dreiecksbeziehung, geklaute Knöpfe und nicht endenden Familienzwist.
Den Podcast gibt es bei Spotify, anchor.fm und allen gängigen Plattformen.
Kleidung digital
Die Kleidung wird gescannt, Testphase I
Die Hochschule Hannover, die mit einem Forschungsvorhaben zur Digitalisierung historischer Kleidung das Projekt begleitet, hat Stellung im Museum bezogen: Es wurde eigens ein Raum konstruiert, in dem unter Mithilfe der Mitarbeiterinnen des Museums und bei textilhistorisch vertretbaren Bedingungen einige Kleidungsstücke probeweise abgescannt wurden.
Die Hochschule Hannover erprobt bereits seit mehreren Jahren die digitale Erfassung und Aufbereitung von Kleidung mit Hilfe von 3-D-Scan-Technologien. Ziel dieses Projektes ist es, eine digitale Formenbibliothek zur Archivierung von Bekleidungsformen zu entwickelt. So können in der Zukunft Informationen wie bspw. Schnitte und Materialinformationen der fragilen Textilien der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Zudem soll ein “virtueller” Moritz erschaffen werden, der in der Vermittlung im Museum eingesetzt werden kann.
Zum Museumsnewsletter:
Museums-Nachrichten
Newsletter
Sie wollen immer aktuell informiert seien über unsere Angebote? Abonnieren Sie unseren Newsletter!
lesen