Der gemeinsame Ankauf von Oskar Kokoschkas liegender Frauenfigur „Sommer I“ schließt in beiden Kunsthäusern eine Bestandslücke und macht das Werk für die Öffentlichkeit dauerhaft zugänglich. Künftig wird es alle vier Jahre von beiden Häusern im Wechsel präsentiert werden.
Oskar Kokoschka in Dresden
Der österreichische Maler, Grafiker und Schriftsteller Kokoschka lebte von 1919 bis 1923 in Dresden, wo er zum jüngsten Professor an der Kunstakademie berufen wurde. In dieser Zeit gehörten sechs seiner Werke zur Sammlung der Moderne in der Gemäldegalerie Dresden. Wegen der Beschlagnahmung „entarteter Kunst“ durch die Nationalsozialisten verlor Dresden 1937 jedoch alle diese Werke. 2014 konnte das Portrait „Gitta Wallenstein“ erworben werden. Mit „Sommer I“ verfügt Dresden nun über zwei bedeutende Werke Kokoschkas.
Kokoschka-Sammlung in Hannover
In Hannover gehörten Kunstwerke von Kokoschka bereits zur Sammlung von Margrit und Bernhard Sprengel, auf deren Schenkung die Museumsgründung 1979 basiert. Die hannöversche Kokoschka-Sammlung umfasst sechs Gemälde sowie 56 Grafik-Blätter. Bis heute fehlte allerdings ein Gemälde aus der Dresdner Schaffensperiode des Malers, die vor allem von Bildnissen und Allegorien geprägt war, die Kokoschka expressiv, mit groben Pinsel und starken Farbkontrasten zeichnete.
Kunsthistorisch zählt „Sommer I“ zu den großen Aktdarstellungen der abendländischen Kunst. Mit dem 1922 entstandenen Gemälde verweist Oskar Kokoschka auf die Alten Meister, besonders auf „Bathseba am Springbrunnen“ (1635) von Peter Paul Rubens. Zugleich ließ Kokoschka in seinem Werk neue Tendenzen einfließen, in dem er beispielsweise mit dem gängigen Schönheitsideal brach.
Gemeinsame Finanzierung als Zukunftsmodell?
Der Erwerb des Kunstwerkes wurde von der Kulturstiftung der Länder, der Ernst von Siemens Kunststiftung und der Fritz Behrens Stiftung Hannover unterstützt und erfolgte aus Privatbesitz, in Zusammenarbeit mit dem Auktionshaus Christie’s.
Hilke Wagner, die Direktorin des Albertinums der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, ist überzeugt, „dass „Shared Ownership“ (gemeinschaftliches Eigentum) für deutsche Museen ein Zukunftsmodell ist, denn es geht nicht um den alleinigen Besitz, sondern darum, derart bedeutende Werke für die Öffentlichkeit zu sichern.“ Auch Dr. Martin Hoernes, Generalsekretär der Ernst von Siemens Kunststiftung, findet die Museumskooperation ideal, „um hochkarätige Werke finanzieren zu können und an den richtigen Orten dauerhaft zugänglich zu machen“.
Die Wechselausstellung beginnt zunächst in Dresden, wo die Neuanschaffung die nächsten vier Jahre zu sehen sein wird. Von 2029 bis 2033 kann das Kokoschka-Gemälde „Sommer I“ dann in Hannover im Sprengel Museum bestaunt werden.