Seit 1873 fertigten fleißige Arbeiter in dem dicht bebauten Wohngebiet an der Schaufelder Straße im Uni-Viertel Nordstadt Aufzuganlagen, Dampf- und Ziegeleimaschinen sowie Werkzeuge.
Genau 100 Jahre später kaufte ein finnisches Unternehmen den hannoversche Traditionsbetrieb Hävemeier & Sander, es folgte eine komplette Verlegung des Betriebes. Danach blieb das ehemalige Fabrikgelände für viele Jahre ungenutzt. Erst zur EXPO 2000, der Weltausstellung zur Jahrtausendwende in Hannover, erweckte der "Werkhof" die historische Industrieanlage von Hävemeier & Sander zu neuem Leben – mit Hotel, Seminar- und Tagungsräumen, einer Veranstaltungshalle und einem Restaurant.
In aller Welt bekannt
Wer heute an der Schaufelder Straße genau gegenüber vom chaotisch anmutenden Sprengelgelände steht und auf den vergleichsweise idyllischen Werkhof inmitten von Wohnhäusern blickt, der mag sich nur schwer vorstellen können, dass dort einmal große Aufzuganlagen und schwere Dampfmaschinen hergestellt wurden. Der hannoversche Unternehmer Friedrich Hävemeyer (dessen Nachname in Verbindung mit dem Unternehmen später mit "i" statt mit "y" geschrieben wird) und die Mechaniker Louis Knölke und August Sander gründeten den Betrieb 1873 ursprünglich als "Maschinenfabrik Knölke, Hävemeyer & Sander". Während der Luftangriffe auf Hannover im Zweiten Weltkrieg wurde die Fabrik 1943 teilweise zerstört und später wieder aufgebaut. In den Nachkriegsjahren spezialisierte sich Hävemeier & Sander auf den Bau von Personen- und Lastenaufzügen, die in viele Länder rund um den Globus geliefert wurden. Mitte der 1950er Jahre arbeiteten mehr als 300 Mitarbeiter in den Industrie- und Verwaltungsgebäuden in der Nordstadt, im Jahr des 100 jährigen Gründungsjubiläums 1973 waren es sogar rund 500 Beschäftigte. Noch im selben Jahr wurde das in aller Welt bekannte Traditionsunternehmen aus Hannover an den finnischen Maschinenbaukonzern KONE verkauft, der den Betrieb zunächst vollständig neu strukturierte und in Teilen an verschiedene Standorte in Hannover auslagerte. 1986 wurde die ehemalige Werksanlage von Hävemeier & Sander an der Schaufelder Straße endgültig geschlossen, die deutsche Hauptverwaltung von KONE und auch die KONE Academy befinden sich nach wie vor in Hannover.
Ein neues Jahrtausend und ein neuer Anfang
Im Vorfeld der Weltausstellung EXPO 2000 fand eine großflächige Sanierung der Nordstadt statt, wobei insbesondere historische Bausubstanz bewahrt und in moderne Nutzungskonzepte eingebunden werden sollte. Davon profitierte letztlich auch das ehemalige Fabrikgelände von Hävemeier & Sander, das der hannoversche Architekt Sven Rickertsen mit Partnern für zehn Millionen Mark zum "Werkhof" mit Büroräumen, Hotel und Tagungsräumen, einer Halle für Veranstaltungen und einem Restaurant umbauen ließ. "Unsere Vision war eine grüne Oase in der Nordstadt, ökologisch durchdacht und belebt mit Arbeitsplätzen, die im Stadtteil bleiben", erzählt Sven Rickertsen in einem Interview für einen Beitrag der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) vom 27. Juni 2013. "Gleich am Anfang fanden sich 17 Kleinunternehmer als Mieter für den geplanten Gewerbehof. Im damaligen Sanierungsgebiet Nordstadt war das Vorhaben, das manche alternativ nannten, durchaus politisch gewollt. [...] 1996 gelang ein wichtiger Schritt: Mit neuer Haustechnik, neuen Treppenaufgängen und einem Blockheizkraftwerk wurde der erste Bauabschnitt fertig. Zugleich wurden einige Dächer begrünt und Regenwassertanks für die Toilettenspülung installiert", schreibt die HAZ weiter.
2018 feierte der "Werkhof" sein 30jähriges Bestehen
Der "Werkhof" hat sich als ein von Grund auf ökologisch aufgebautes und funktionierendes Gewerbe- und Tagungszentrum erfolgreich in der Nordstadt etabliert und konnte 2018 sein 30jähriges Bestehen feiern. Heute werden die rund 20 Büroräume u. a. von kleineren Dienstleistungsunternehmen und Agenturen, einer Sprachenschule, einem Verlag und einer Unternehmensberatung genutzt. Sowohl das im Jahr 2000 als Neubau mit alter Bausubstanz in Betrieb genommene Hotel "Schlafgut" als auch das 2003 eröffnete Restaurant "Zwischenzeit" sind gut gebucht und besucht, die Seminar- und Tagungsräume auf dem Gelände sind ausgelastet, und das so genannte „Foyer“ dazwischen wird gern für Ausstellungen und Firmenpräsentationen genutzt. Die frühere Werkshalle aus dem 19. Jahrhundert schließlich ist als neu ausgebaute "Hävemeier & Sander Halle" ein attraktiver Veranstaltungsort mit historischem Industriecharme.