Zeitzeugin

Ruth Gröne trägt sich ins Goldene Buch der Region Hannover ein

Ministerpräsident Weil und Regionspräsident Krach ehren die Zeitzeugin – Ruth Gröne hat sich in außerordentlicher Weise um die Erinnerungskultur verdient gemacht.

v. l.: Regionspräsident Steffen Krach, Ministerpräsident Stephan Weil und Zeitzeugin Ruth Gröne.

Das erste Goldene Buch der Region Hannover beginnt mit dem Eintrag der Partnerregion Posen im Jahr 2002 und hat nun seine letzten Seiten erreicht. In besonderer Würdigung ihres herausragenden Engagements gegen das Vergessen und Verdrängen der beispiellosen Verbrechen des Holocaust wurde heute das zweite Goldene Buch der Region durch Ruth Gröne, Trägerin der Goldenen Ehrennadel der Region Hannover, im Beisein des Niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil und von Regionspräsident Steffen Krach eröffnet. Ruth Gröne, Überlebende und letzte Zeitzeugin des Holocaust in der Region Hannover, hat sich durch ihr jahrzehntelanges Wirken in außerordentlicher Weise um die Erinnerungskultur verdient gemacht.

„Es ist mir eine besondere Ehre, dieses neue Goldene Buch mit meinem Eintrag eröffnen zu dürfen. Das unterstreicht mein Anliegen, die Vergangenheit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen“, erklärte Ruth Gröne sichtlich gerührt.

Ministerpräsident Stephan Weil

fand anerkennende Worte für die besonderen Verdienste Ruth Grönes: „Ich kenne Ruth Gröne schon sehr lange. Sie ist eine ebenso beeindruckende wie liebenswerte Persönlichkeit. Es ist höchst imponierend, wie Ruth Gröne seit vielen, vielen Jahren ihre leidvollen Erfahrungen insbesondere mit jungen Menschen teilt und einen ganz wichtigen Beitrag zur Erinnerungsarbeit in der Region Hannover leistet.“

Regionspräsident Steffen Krach

dankte der Zeitzeugin für ihr herausragendes Engagement in der Erinnerungsarbeit der Gedenkstätte Ahlem: „Ich bin dankbar, dass Ruth Gröne ihre Geschichte mit uns teilt und auch mit über 90 Jahren nicht müde wird, die Erinnerung an das Schicksal ihrer Familie wachzuhalten. So macht sie die dunkle Vergangenheit Deutschlands sichtbar und hilft zu verhindern, dass diese sich wiederholt. Angesichts der aktuellen Bedrohung für die Demokratie in unserem Land und der Anfeindungen, denen die Gedenkstätte Ahlem im vergangenen Jahr ausgesetzt war, ist Ruth Grönes Wirken umso wichtiger.“

In der Gedenkstätte Ahlem ist Ruth Grönes Geschichte auf vielfältige Weise dokumentiert. Ein Bild ihres Vaters Erich Kleeberg begrüßt die Besucher*innen beim Betreten der Mediathek im Erdgeschoss. Auf einem virtuellen Rundgang folgt die Zeitzeugin den „Spuren meines Vaters“ durch die Ausstellung der Gedenkstätte Ahlem. Die Führung ist seit 2019 ein Angebot im Mediaguide-System der Gedenkstätte Ahlem. Mit „Sachor! – Erinnere Dich! hat Ruth Gröne gemeinsam mit der Politologin und Autorin Anja Schade ihre Erinnerungen in Form eines Buches festgehalten, das 2021 erschienen ist.

Ruth Gröne engagiert sich seit vielen Jahren als Gründungsmitglied des Arbeitskreises „Bürger gestalten ein Mahnmal“, suchte und pflegte Kontakte zu Holocaust-Überlebenden, arbeitete mit Schulgruppen aus dem In- und Ausland und wirkte an der Neukonzeption der Gedenkstätte Ahlem mit.

Geschichte Ruth Grönes

Mit der Reichspogromnacht im November 1938 veränderte sich das Leben der damals fünfjährigen Ruth Kleeberg, die heute Gröne heißt. Ihre Spielkameraden wendeten sich von ihr ab, der Umgang mit dem „Judenkind“ Ruth war ihnen verboten worden. Als junges Mädchen musste sie miterleben, wie ihr jüdischer Vater den Drangsalierungen und der Gewalt der Nazis ausgesetzt war. Zunächst verlor er aufgrund der sogenannten Arisierung seine Anstellung in einem Kaufhaus.

Nachdem die Familie über Umwege im Oktober 1943 in das sogenannte Judenhaus nach Ahlem gekommen war, wurde ihr Vater im Herbst 1944 verhaftet und kam in das Gestapo-Gefängnis auf dem Gelände der ehemaligen Gartenbauschule in Ahlem. Kurz vor dem Kriegsende, am 5. Februar 1945, wurde er schließlich nach Neuengamme deportiert. Er starb, die Befreiung vor Augen, im Lager Sandbostel an Typhus.

Ruth und ihre Mutter überlebten auf dem Gelände der ehemaligen Gartenbauschule. Während dieser Zeit erlebte sie sowohl die Gestapo in dem ehemaligen Direktorenhaus, also auch die dramatischen Ereignisse zum Kriegsende hin in der Laubhütte und im Asphaltstollen Ahlems.

(Veröffentlicht am 19. Februar 2024)